Tagebuch

Wohnzimmer-Bib

Ich sitze im zu einer Bibliothek umgebauten Wohnzimmer und versuche, an meiner Hausarbeit über Hysterie weiterzuschreiben. Gelingt mir nicht. Die Frage, ob mir meine akademische oder meine literarische Zukunft wichtiger ist, bedrängt mich.

Ich dachte immer, wenn ich mich dieser einen großen Sache in meinem Leben stelle und daraufhin den zerreißendsten Liebeskummer habe, den ein Mensch überleben kann, könnte ich plötzlich grandios schreiben. Irgendwas muss ja gut laufen im Leben und wenn’s nicht die Liebe ist, dann wird es die Karriere. Doch bisher hab ich mir nur eine Erschöpfungs-Erkältung eingefangen, weil ich so wenig wie möglich Zuhause bin, um dem Schmerz so viele Stunden am Tag zu entkommen, wie es nur geht.

Jetzt soll ich bis Freitag einen Text abgeben, um an einer Schreibwerkstatt teilnehmen zu können, aber mir fällt nichts ein und wenn ich ansetze zu schreiben, kommt nur Scheiße raus. Dann versuche ich herauszufinden, ob meine Schreibkraft wenigstens für die Hausarbeit reicht, aber auch dort versage ich komplett. Stattdessen habe ich eine To Do Liste geschrieben und nichts davon kann ich heute erledigen, denn heute ist Feiertag.

Im Kühlschrank wartet eine Flasche Federweißer auf ihre Erlösung und ich lasse ein wenig Zeit verstreichen, bevor ich meine Body-Doubling Bibfreundin frage, ob wir sie trinken wollen.

Außer Liebeskummer, Hausarbeitsstress (der mich wahnsinnig macht!) und Angst vor der nahen und fernen Zukunft gibt’s nichts zu erzählen. Daher gibt’s wohl auch keinen Text, den ich einreichen kann.

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