Lieblingsbücher

Hier sammle ich Rezensionen von Büchern, die ich gelesen habe und von denen ich begeistert bin.

  • Lieblingsbücher

    Simone de Beauvoir – Das Blut der Anderen

    Simone de Beauvoir – Das Blut der Anderen

     

    Diese tragische Geschichte eines jungen Liebespaars in Paris mitten im zweiten Weltkrieg hat mich noch Tage später beschäftigt.

    Mal aus ihrer, mal aus seiner Sicht geschrieben; größtenteils sogar aus der auktorialen Erzählperspektive; bekommt man als Leserin einen guten Eindruck von ihrer Liebe. Mir gefiel vor allem, dass es keine einfache, schnulzige Liebesgeschichte ist, sondern vor dem Hintergrund des beginnenden Krieges eine sehr ernsthafte, tragische Handlung hat.

    Hélène und Jean lernen sich über einen gemeinsamen Freund (zu Beginn ist er noch Hélènes fester Freund) kennen. Sie ist sofort begeistert von ihm, doch er will seine Freundschaft mit ihrem Freund nicht gefährden und weist sie mehrmals ab. Nach einem langen Hin und Her und einer Beziehungsphase, die nach heutigen Maßstäben als eine offene Beziehung oder eine „Freundschaft Plus“ bezeichnet werden könnte, herrscht vorerst Funkstille zwischen den beiden. Jean weiß nicht so recht, ob er Hélène liebt oder nicht; will sie nicht verletzen, aber auch nicht so recht mit ihr zusammen sein. Sie hingegen ist sich ihrer Zuneigung zu ihm schmerzlichst bewusst und lässt es sogar zu, dass er noch eine weitere Geliebte hat.

    Die Phase, in der die beiden nichts miteinander zu tun haben, endet durch eine Annäherung von Seiten Hélènes, die in den Widerstand eintreten und jüdische Menschen vor den Nazis, die gerade Frankreich erreichen, beschützen will. Durch ihre politische Arbeit kommen sich die beiden wieder näher.

    Ein sehr kurzweiliges, interessantes Buch, mit mehreren Formulierungen, die ich mir angestrichen habe. Erinnert mich aufgrund der Erzählweise und Tragik an Bebop, Bars und weißes Pulver von Kerouac.

  • Lieblingsbücher

    Die Fahrt hinaus – Virginia Woolf

    Im Hintergrund ein Hof und Bäume, im Vordergrund das Buch "Die Fahrt hinaus" von Virginia Woolf.

     

    [Ja, ich bin immer noch in meiner Virginia Woolf Phase.]

    Bei jedem Roman, den ich von ihr lese, läuft es ähnlich ab. Der Anfang ist holprig, ich muss mich sehr konzentrieren, um dranzubleiben und oft zurückblättern, da ich mir die ganzen Figuren mitsamt ihren Eigenschaften nicht auf Anhieb merken kann. Nach dem ersten Drittel jedoch, bin ich so gefesselt von Schreibstil, Beobachtungen, Handlung und mindestens einer Figur, dass ich es kaum schaffe, das Buch aus der Hand zu legen. Virginia Woolf liest man nicht einfach so nebenbei. Die Sätze sind lang, voller mir unbekannter Wörter und die ganze Geschichte ist nicht das, was man heutzutage normalerweise liest. Viele Handlungsstränge sind lediglich Erzählungen und tragen nicht unbedingt zum roten Faden bei; ja, der rote Faden ist an den wenigsten Stellen überhaupt zu erkennen. Aber die Beschreibungen, die offensichtlich aus realen Beobachtungen der Welt der Autorin stammen, sind rührend und zutiefst beeindruckend.

    Woolf erzählt hier von einer langen Reise per Schiff von England nach Südamerika und einem noch längeren Aufenthalt in einer riesigen Villa am Meer. In der Nähe der Villa steht ein großes, edles Hotel, in dem vor allem EngländerInnen der Oberschicht untergebracht sind. Sowohl auf dem Schiff, als auch im Hotel lernt man unterschiedliche Charaktere kennen, die einander anfangs fremd und am Ende eng vertraut (oder aber nahezu verfeindet) sind. Da fast niemand der vielen Reisenden bereits vorab bekannt miteinander ist, verläuft das Kennenlernen der Menschen auch für die Leserschaft spielerisch. Mal fühlt man sich wie eine Beobachterin von Außen und mal, als wäre man selbst auf dem Schiff, im Hotel oder in der Villa anwesend. Es geht um Freundschaft, um Liebe und die Rollenverteilung des 20. Jahrhunderts in England.

    Was mir besonders gefällt ist, dass der Roman ein Relikt aus dieser Zeit ist, ohne dabei Dinge zu „sagen“, die heute als politisch unkorrekt gelten und mir als Leserin deshalb schwer im Magen lägen. Die Sicht der Autorin in den Punkten Diskriminierung und Feminismus wird durch ihre Figuren klar, aber es handelt sich trotzdem nicht um einen übermäßig politisch motivierten Roman. Er widmet sich zur damaligen Zeit mutigen und gewagten Themen, liest sich heute aber leicht und angenehm.

    Auch die Hingabe zur Entwicklung der Charaktere hat mich gebannt. Beim Lesen habe ich mich oft gefragt, ob es in der heutigen, beschleunigten Zeit überhaupt irgendjemandem möglich ist, so zu schreiben wie sie, ohne sich aus der Gesellschaft zurückzuziehen. Woolf schreibt so meditativ, langsam, behutsam und melodisch, dass die Lektüre einem Urlaub nahekommt. Wie immer bin ich stark begeistert von diesem Roman und freue mich bereits auf den nächsten, den ich in die Hände bekomme.