Als ich ungefähr 8 Jahre alt war, habe ich eine Obsession mit dem Leben im Europa des beginnenden 20. Jahrhunderts entwickelt. Ich wollte nur Nesthäkchen lesen, habe darauf bestanden, lange Rüschenkleider zu tragen und guckte regelmäßig Madita. Meine Mutter musste mir „Affenschaukeln“ flechten und ich las alle Bücher von Jules Verne, die ich im Bücherregal zuhause finden konnte. Ich fing an, alte Porzellanpuppen zu sammeln und vielleicht holte ich mir sogar einen kleinen Spuk ins Haus. Ich glaube, mittlerweile liegen die Puppen in Säcken im Keller, vielleicht sind sie auch in den nächsten Secondhandshop gewandert, was wünschenswert wäre. Jetzt soll ich einen Text über die Jahrhundertwende schreiben, die mich jahrelang in a chokehold hatte und mir fällt nichts ein? Soll ich versuchen, so zu schreiben, als hätte ich Ahnung, wie das Leben um 1900 war, obwohl ich 100 Jahre zu jung bin, um es wirklich zu wissen? Ich könnte noch tausend weitere Bücher aus der Zeit, über die Zeit, lesen, ich würde mir trotzdem nicht anmaßen, diesen Versuch zu wagen. Aber das ist ein Problem, dem ich mich stellen werde, na klar kann ich das wagen, als Experiment, im geschützten Raum der Schreibwerkstatt, wieso nicht??? Ja, wieso nicht. Lasse mir was einfallen, auf der Couch, müde vom in der Sonne liegen und lesen (Annie Ernaux Die Jahre) und Fast Food, den ESC nebenbei laufen lassend, um morgen nicht schon wieder fühlen zu müssen, etwas verpasst zu haben. Ist langweilig, genau wie ich es in Erinnerung hatte von dem Jahr, in dem Lena…
Was gibt es sonst so Neues, ich habe 2 neue Lieblingsbücher, Das bist du von Ulrich Peltzer und Herztier von Herta Müller. Letzteres hab ich vorgestern zu Ende gelesen und kann es nicht erwarten, das im Lesekreis zu besprechen. Ich bin ja ein sucker für stark autobiografisch geprägte Romane, vielleicht wusstet ihr das noch nicht. Ich schreibe ihr, dabei fühlt sich dieser Blog immer an, als würde ich in den Äther schreien.
Na dann, es wartet eine Geschichte darauf, geschrieben zu werden.