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Top 3 der schlechtesten ersten Dates
„Warte auf mich“, ruft Juliette, während sie die Schnürsenkel ihres linken Schuhs bindet. Anne ist bereits im Treppenhaus, die Tür knallt zu. Juliette sinkt an der Wand entlang zu Boden. Immerhin nicht das schlechteste erste Date, auf dem sie je war, aber sicherlich in den Top 3. In ihrem Kopf flimmern die letzten dreißig Minuten rauf und runter, mit dem unmöglichen Auftrag, den Fehler zu finden. War sie wieder zu nett? In ihrem Gedächtnis ist nichts zu finden, das sie verkackt hätte, diesmal lief alles wie mit diversen Freund:innen und ihrem Therapeuten besprochen; kein Stammeln, keine frechen Fragen, sie war sogar heute Morgen duschen! Juliette geht zum Küchenfenster und schaut raus. Da unten steht sie, vielleicht lässt sie sich ja doch noch überreden, gemeinsam zum Tanzabend zu gehen. Juliette tippt eine Whatsappnachricht und löscht sie wieder. Als sie ihre Wangen heiß und ihre Augen feucht werden spürt, öffnet sie den Kühlschrank, um sich ein Glas Eistee einzuschenken. „Das war mal wieder scheiße“, sagt sie zu ihrer Schildkröte, die dort drin auf einer Salatschale sitzt und eine Gurke beknabbert.
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1111
Super ewig nicht mehr gemeldet, weil die Uni angefangen hat und ich erst wieder lernen muss, mit so viel Stress umzugehen. Das Leben ist funky und macht meistens Spaß, aber ich bin oft super erschöpft und brauche viel mehr Zeit für mich als ich je gedacht hätte. Mir fällt auf, wieviel introvertierter ich mit den Jahren geworden bin und wie wenig socializen ich aushalte, ohne körperliche Schmerzen zu bekommen. Zum Beispiel hatte ich in der letzten Woche zwei mal Migräne, obwohl ich das sonst super selten habe! Und ich habe zwei mal meinen Nacken verknackt, erst die rechte, dann die linke Seite.
Gute Nachrichten sind aber, dass ich jetzt wieder in einer Schreibwerkstatt bin und alle zwei Wochen eine Deadline für einen neuen Text habe! Die erste Deadline hab ich knapp verpasst und für die nächste sollen wir eine Gruselgeschichte schreiben, was ich noch nie gemacht habe, also mal sehen…
An Halloween war ich als meine Katze Jamal verkleidet und eine Freundin hat mich dazu passend geschminkt. Es gab Altbierbowle und Horrorgeschichten von Operationen. Aber weil wir alle so introvertiert und langweilig sind, war die Party schon vor Mitternacht vorbei und wir sind alle nach Hause gefahren. Am nächsten Tag habe ich dann so viel geschlafen, als wäre ich wirklich meine Katze und kam überhaupt nicht aufs Wachsein klar. Die low-energy-phase wurde eingeleitet und ich muss aufpassen, dass ich überhaupt noch genug wach bin, um meine To Dos abzuarbeiten. Die Kälte draußen (und vor allem drinnen, ich hab das Gefühl in der Wohnung ist es noch kälter??) macht es auf jeden Fall nicht einfacher, das Bett zu verlassen. Diese Woche habe ich glaub ich mehr Uni geschwänzt als teilgenommen.
Heute ist der 11.11. und ich habe alle Karnevalmuffel dazu überredet, was zu starten, bin jetzt aber am unmotiviertesten von allen. Also zwinge ich mich gleich mal, mich fertigzumachen und bete, dass morgen kein Migräneanfall droht.
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weisst.du.schon
Erkältete Füße in Wollsocken verpackt, trotzdem eiskalt, man darf ja nicht mehr heizen sagen die da oben, unter einer nach Weichspüler duftenden Frottee-Bettdecke höre ich Musik, die ich nur höre, wenn ich wahnsinnig werde, und tippe wie wild auf die Tastatur meines Laptops ein. Immer wieder kehrt mein Kopf zurück zu Themen, die ich vermeiden will, dabei gibt die Musik, die aus einer pinken JBL Box tönt, sich alle Mühe, jegliche Gedanken aus diesem Zimmer auszusperren. Mein fucking Zimmer für mich ALLEIN. Zu allem Übel kommt meine Mitbewohnerin gleich nach Hause, um mir von ihrem Getaway in den Harz zu erzählen. Ein Glas Wein wird mir vermutlich dabei helfen, Interesse zu heucheln, aber meine Welt ist das nicht, der Harz, ich bin nicht mal Hartz, ich bin nur Substanzmissbrauch und ALG2. Seit meinem Nervenzusammenbruch vor zwei Jahren konnte ich einiges reparieren, aber habe auch Seiten meiner Selbst verloren, die ich jetzt gut gebrauchen könnte, zum Beispiel die Seite, die es juckt, wenn Bekanntschaften über sich selbst reden. “Da musst du jetzt durch”, zwinkert meine Katze mir vom Fußende des Bettes zu und ich weiß ja, dass sie Recht hat. Also ziehe ich die Bettdecke zur Seite, schiebe meine Füße ins kalte Dunkel und stehe auf. Ein kurzer Blick in den Standspiegel erschüttert mich; in den Spiegel gucken wollten wir doch meiden, ich sehe durchgekaut aus. Die Musik abzustellen übertrifft meine Kompetenzen, deshalb lasse ich den Sänger mit der kratzigen Stimme weiter in den leeren Raum hinein schreien. Ich schaue um die Ecke in den Flur, niemand da, und husche in die Küche. Ein Glas ist zu gut für mich, ich trinke direkt aus der Weinflasche. Saure, brennende Schlucke füllen meinen Magen, der das so gar nicht abkann in letzter Zeit, aber mir egal, ich brauch das jetzt. Dem Kühlschrank entnehme ich noch die angebissene Riesensalami, dann schlurfe ich ins Wohnzimmer, in dem es auch extrem kalt ist; zwei-Kuscheldecken-übereinander-kalt. Kurzer Check, ob ich meinen Atem sehen kann: das immerhin noch nicht. Hier sitze ich jetzt im Dunkeln und warte auf meine Mitbewohnerin, die laut der Stalking-App “Wo ist?” noch 31km entfernt auf irgendeiner Autobahn im Ruhrpott ist. Wenn ich schon mal da bin, stalke ich eben alle meine verknüpften Kontakte durch, was sich als blöde Idee herausstellt, da es im Magen sticht und sogar mein Herz sich unangenehm regt. In letzter Zeit bereue ich es oft, mit meiner Ex-Freundin Schluss gemacht zu haben, aber ich denke, ihr geht es mittlerweile so gut damit, dass eine Kontaktaufnahme noch egoistischer wäre als der Akt des Schlussmachens es war. Bei unserem ersten Treffen haben wir so viel gelacht, dass wir weinen mussten, als wir einen alten italienischen Horrorfilm im Programmkino anschauten. Auf dem Heimweg schickte ich ihr ein selbstgemachtes Meme aus der U-Bahn, um sie zu testen. Den Test bestand sie leicht, indem sie mir ein Meme zurückschickte. Die gesamte Kennenlernphase verarbeiteten wir mit Memes, und auch das Schlussmachen und die Liebeskummerphase wurden so bewältigt. Einmal saßen wir in einer kleinen Kneipe, in der man eigene CDs abspielen durfte, an einem Tisch mit einigen KokserInnen auf ganz nah aneinandergeschobenen Stühlen, ihre rechte Hand auf meinem linken Knie. Berauscht vom Contact High, dem schalen Pils und der anfänglichen Verliebtheit, stand ich grinsend an der Bushaltestelle, als es Zeit war, nach Hause zu fahren. Ihre winzigen Hände waren immer kalt, deshalb hab ich sie immer mit meinen Spinnenfingern festgehalten. An Karneval gingen wir beide als Märchenprinzessin, klebten uns gegenseitig Wimpern auf und küssten uns heimlich am Rande des Dorfplatzes, weil meine halbe Familie homophob ist. Wenn es mir nicht gut ging, durfte ich in ihrem Bett liegen und auf ihrer Leinwand Animal Crossing spielen, während sie mir Matcha Latte und Kartoffeln kochte. Bei einem Ausflug zu ihren Eltern liefen wir händchenhaltend durch eine Großstadt in Rheinland-Pfalz, aßen vegane Burger und fühlten uns wie der erste und letzte Punkt des Universums. Dort kaufte sie mir in einer Buchhandlung, die auch ein Café war, hinter meinem Rücken das schönste Set Tarotkarten, das ich je gesehen hatte. Im Frühling, als ich schon nicht mehr verliebt war, lagen wir zusammen auf einer Wiese am Rhein und alles war schön. Als ich nicht mit ihr reden, sondern in Ruhe lesen wollte, erzählte sie mir immer wieder Geschichten, die ich schon kannte und meine Gefühle reichten nicht aus, ihr das durchgehen zu lassen. Auf einer Party, auf der es ihr nicht gut ging, fiel es mir sehr schwer, bei ihr zu sitzen, weil ich mich viel lieber weiter mit den anderen Gästen unterhalten hätte. Als ich schon wusste, dass ich das bald beenden würde, gingen wir mit meiner Schwester Cocktails trinken und ich hatte sehr schlechte Laune, weil sie dabei war. An dem Tag, als meine Genervtheit den letzten Funken Zuneigung überspielt hatte, setzten wir uns auf eine Steintreppe und führten das unausweichliche Gespräch. Obwohl ich dachte, dass Lesben es schaffen, befreundet zu bleiben, nachdem sie gedatet haben, sahen wir uns danach nur zwei Mal wieder, beide Male ungeplant und unangenehm. Seitdem weiß ich, wieviele rothaarige Frauen mit Locken es in meiner Stadt gibt. Meine Mitbewohnerin steht vor mir mit einer Tüte Mitbringsel aus dem Harz und ich halte die Luft an, um hier und jetzt zu Ersticken. Klappt natürlich nicht, aber sie verschont mich mit Geschichten von ihrem kleinen Ausflug, weil meine Unhöflichkeit unübersehbar ist.
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ich habe verlernt zu romantisieren
therapie schön und gut, therapie hat mir geholfen, ja.
ich bin nicht mehr panisch, wenn ich einkaufen gehen muss; ich kann für meine hygiene sorgen, ohne dass es zum zwang wird und ich kann lachen, ohne dass es düsterer witze über depressionen und ihren etwaigen ausweg bedarf.
doch ein teil von mir ist in der therapie abhanden gekommen und den finde ich auch nicht mehr wieder. selbst wenn ich alle fortschritte rückgängig machen würde, indem ich mir beispielsweise ein drogenproblem zulege, käme ich nicht mehr an den punkt, an dem ich mein leben so sehr aus den angeln heben kann, dass es einen rosafarbenen glitzerfilter verpasst bekommt und ich nichts mehr ernst nehme. so habe ich es ausgehalten für 8€ die stunde in einer pommesbude zu arbeiten und nebenbei zu studieren, ohne dass meine beine wehtaten.
jetzt tut jede kleinste aufgabe, die ich eigentlich ungern machen würde, in den beinen weh. zum beispiel letztens, als ich einen job hatte und zwei tage, bevor ich anfangen sollte, eine nervenzusammenbruch dafür sorgte, dass ich den arbeitsvertrag aufheben ließ. ich konnte nicht mein silly little makeup auftragen, mit links dissoziieren und mit rechts die bahnverbindung raussuchen. dann einfach so zur arbeit gehen und mir dabei vorstellen, dass ich in einem film lebe. die therapie hat mich dessen beraubt. beim besten willen kann ich nicht einfach aufhören die realität als solche wahrzunehmen. die realität ist fucking depressing, seit ich es nicht mehr bin.
ich wünsche mir so sehr diese fähigkeit wieder, und das obwohl ich weiß, was sie verursacht hat. ich hasse meine freundinnen und ich habe noch nie geliebt. die alte depression war so gütig und lieb zu mir, melancholisch und sentimental. die neue ist fucking nuts und will, dass ich aussteige, keinem tschüss sage und in einer haselnussschale eingesperrt auf mein ende warte. ich bin so wütend auf alles um mich herum und heule nicht mehr, weil ich so ein jammerlappen bin. ich bin fucking wütend!!! lasst mich alle in ruhe, ich kann euch nicht leiden. ich wünschte, das wär mein whatsappstatus. stattdessen ist er “bitte keine sprachnotizen ich hab whatsapp burnout”.
ps: fick groß-kleinschreibung. lg
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Horní Planá: Stifter. Prag: Kafka
Ich war im Urlaub – 10 Tage in einem großen Haus am See Lipno in Südböhmen und 3 Tage in Prag. Im Ort, in dem das Haus steht, in dem ich gewohnt habe, ist Adalbert Stifter geboren und aufgewachsen. Ich finde es immer sehr spannend, an Orten zu sein, deren Landschaft mich inspiriert und zu erfahren, dass ein bekannter Schriftsteller in diesem Ort gelebt hat. Das wusste ich fairerweise schon seit Jahren, da meine Familie regelmäßig den Sommer in diesem Haus am See verbringt. 2018 oder 2019 war ich mit meinem Vater schon mal im Adalbert Stifter Geburtshaus, das zu einem Museum gemacht wurde. Es ist sogar Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrannt, aber wurde liebevoll wieder aufgebaut. Auch dieses Jahr sind wir ins Adalbert Stifter Museum in Horní Planá (auf deutsch Oberplan) gegangen. Im unteren Teil konnte man sehen, wie die Familie Stifter gelebt hat und wie Adalbert dazu kam, zu schreiben. Ich fühle mich sehr verbunden mit diesem Ort; allgemein mit Südböhmen; und habe jede Zeile der ausgestellten Gedichte über die Natur und Umgebung aufgesaugt. Dadurch blieb mir für den Rest der Ausstellung nicht genügend Zeit, aber die Geschichte des Ortes kannte ich schon vom letzten Besuch.
Danach sind mein Vater und ich zum Supermarkt gefahren und haben uns alkoholfreies Bier mit Geschmack (Tschech*innen scheinen anstatt Limonade entweder Wasser mit Geschmack oder alkoholfreies Bier mit Fruchtsaft zu trinken) und Berliner gekauft und sind zum Adalbert Stifter Park gefahren. Ich schreibe die ganze Zeit gefahren, nicht weil wir faul sind, sondern weil es unfassbar heiß und bergig war, glaubt mir bitte 😆
Oben haben wir das Bier und die Teilchen genossen und sind noch ein wenig umher spaziert. Alles in allem ein sehr schöner Ausflug (ich habe mich im Haus zu dem Zeitpunkt ziemlich eingeengt gefühlt und das ist das schlimmste Gefühl für mich – nicht fliehen zu können und abhängig zu sein – deshalb bekomme ich auch Panikattacken in Flugzeugen und manchmal sogar in ICEs), der meine Laune gehoben und meinen Kopf entspannt hat.
In Prag haben meine Eltern beschlossen, dass ich den Ton angeben darf, weil ich seit ich ganz klein war nicht mehr für länger als ein paar Stunden in Prag war, und meine Mutter hat es bereits nach unserem ersten Stop ein wenig bereut. Ich hab sie natürlich erst ins Franz Kafka Museum und am nächsten Tag ins Mucha Museum geschleppt. Meine Mutter hatte gedacht, ich möchte vielleicht die Prager Burg sehen oder eine Bootsfahrt auf der Moldau machen… Für mich sind Museen, besonders von bekannten Schriftsteller*innen, das Highlight in jeder Stadt. Sorry Mama (mein Vater kann es verstehen; von ihm habe ich das wohl geerbt). Das Kafka Museum war natürlich super toll, aber es war leider sehr heiß und voller Menschen. Trotzdem habe ich einiges mitnehmen können und habe mir beim Bier danach direkt seine Tagebücher auf medimops bestellt. Übrigens tolle Seite für gebrauchte Bücher für wenig Geld!
Genau diese Tagebücher plane ich heute zu lesen, nachdem ich gestern „DieSchwestern Brontë“ von Maletzke und Schütz beendet habe.
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Animal Crossing & Wein
Leben ohne Antidepris läuft gut. Ich versuche nach wie vor, mich abzulenken, rauszugehen, Freund*innen zu sehen und viel zu lesen. Gerade lese ich Die Mandarins von Paris von Simone de Beauvoir und Aus dem Berliner Journal von Max Frisch, dabei sollte ich Papyrus lesen 😆
Ich bin leider etwas angeschlagen und fahre am Samstag in Urlaub, daher war ich heute nicht beim Cheerleader Training. Stattdessen habe ich endlich die Netflix Serie Cheer angefangen, um Motivation für den Sport zu sammeln. (Ich bin allgemein ein unmotivierter Mensch wenn’s um Sport geht und Cheerleading ist der einzige Sport, der mir je wirklich Spaß gemacht hat.)
Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten; dafür bekommt ihr aber heute ein paar Fotos von den letzten Tagen.
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Simone de Beauvoir – Das Blut der Anderen
Diese tragische Geschichte eines jungen Liebespaars in Paris mitten im zweiten Weltkrieg hat mich noch Tage später beschäftigt.
Mal aus ihrer, mal aus seiner Sicht geschrieben; größtenteils sogar aus der auktorialen Erzählperspektive; bekommt man als Leserin einen guten Eindruck von ihrer Liebe. Mir gefiel vor allem, dass es keine einfache, schnulzige Liebesgeschichte ist, sondern vor dem Hintergrund des beginnenden Krieges eine sehr ernsthafte, tragische Handlung hat.
Hélène und Jean lernen sich über einen gemeinsamen Freund (zu Beginn ist er noch Hélènes fester Freund) kennen. Sie ist sofort begeistert von ihm, doch er will seine Freundschaft mit ihrem Freund nicht gefährden und weist sie mehrmals ab. Nach einem langen Hin und Her und einer Beziehungsphase, die nach heutigen Maßstäben als eine offene Beziehung oder eine „Freundschaft Plus“ bezeichnet werden könnte, herrscht vorerst Funkstille zwischen den beiden. Jean weiß nicht so recht, ob er Hélène liebt oder nicht; will sie nicht verletzen, aber auch nicht so recht mit ihr zusammen sein. Sie hingegen ist sich ihrer Zuneigung zu ihm schmerzlichst bewusst und lässt es sogar zu, dass er noch eine weitere Geliebte hat.
Die Phase, in der die beiden nichts miteinander zu tun haben, endet durch eine Annäherung von Seiten Hélènes, die in den Widerstand eintreten und jüdische Menschen vor den Nazis, die gerade Frankreich erreichen, beschützen will. Durch ihre politische Arbeit kommen sich die beiden wieder näher.
Ein sehr kurzweiliges, interessantes Buch, mit mehreren Formulierungen, die ich mir angestrichen habe. Erinnert mich aufgrund der Erzählweise und Tragik an Bebop, Bars und weißes Pulver von Kerouac.
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Sommer !!
Ich wäre gern die Person, die gute Playlists macht. Aber ich bin die Person, die mit einem Ohrwurm von einem Lied aufwacht, das sie seit 20 Jahren nicht gehört hat. Oft Klatschspiellieder aus dem Kindergarten.
Ich setze gerade meine Antidepressiva ab; bin jetzt eine Woche ohne und bis auf Schwindel und brain zaps geht es mir gut. Die brain zaps sind schon weniger geworden, fast weg. Der Schwindel ist noch da, wird aber auch immer weniger. Heute Morgen bin ich aufgewacht, habe den korrekten Artikel von „pub“ gegoogelt und bin wieder für zwei Stunden eingeschlafen. Tag und Nacht zerbreche ich mir den Kopf darüber, warum die Stammgänger vom Pub, in dem ich wohl auch schon Stammgänger bin, diese Kneipe „die Pub“ nennen. Tomma sagt, das ist vermutlich „the male urge, alles zu verniedlichen und Weiblichkeit zu kontrollieren„. Ich stelle mir lieber vor, dass es daran liegt, dass diese Kneipe, der Pub, starke Girlbossenergy hat. Genug rumgenz-t.
Ich lese gerade Das Blut der Anderen von Simone de Beauvoir; das Buch habe ich vor einigen Monaten aus einem Bücherschrank mitgenommen. Falls ihr nicht wisst, was ein Bücherschrank ist: in jedem Stadtteil stehen mehrere öffentliche Schränke, in die jede_r Bücher, die sie_er nicht mehr benötigt, reinstellen kann. Und jede Person, die eins von den Büchern haben möchte, darf sich bedienen. In meiner Stadt kümmern sich sogar Pat_innen darum, dass Bücher, die schon ewig drin stehen, wegkommen und dasskeine unangebrachten oder stark beschädigten Bücher drin stehen. Jedenfalls, das Buch, das ich mir dort vor Monaten, vielleicht sogar einem Jahr, herausgenommen habe, ist super schön geschrieben. Ich hatte, als ich es mitgenommen hab, noch nie was von Simone de Beauvoir gelesen, es aber schon länger vor gehabt. Es passte nicht in meinen Leseflow, aber jetzt ist der perfekte Moment. Ich habe im letzten Jahr erst Memoiren einer Tochter aus gutem Hause (absolute Empfehlung!) und Die Mandarins von Paris gelesen und bin komplett begeistert von Das Blut der Anderen. Vermutlich findet ihr demnächst eine Rezension dazu auf meinem Blog.
Stichwort Rezension – ich habe vor einiger Zeit ein Buch bei lovelybooks gewonnen und muss es jetzt lesen… Es passt leider überhaupt nicht in meinen Leseflow, da es ein Sachbuch ist und zeitlich in der Antike angesiedelt ist. Ist gerade einfach nicht mein Vibe 🙁
Ich muss jetzt in die Stadtbib, tschüssi 😆
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Donnerstag !!
Heute ist der Abiball von meiner Schwester und ich bin aufgeregt, aber freue mich unheimlich für und auf sie. Der Tag bisher bestand viel aus Selfcare und schreiben; jetzt mache ich mich fertig, um zu meinen Eltern zu fahren.
Weil heute ein Feiertag ist und durch das 9€-Ticket sowieso alles sehr voll wird, nehme ich den längeren, aber zuverlässigeren Weg und fahre mit zwei Bussen. Ich hoffe sehr, dass ich unterwegs nicht dringend pinkeln muss 😆 (Ist mir leider schon ein paar Mal zu oft passiert).
Ich habe gestern Die Fahrt hinaus zu Ende gelesen und fange heute mit Papyrus an! Bin sehr gespannt, da es ein Buch über Bücher ist – und ihr wisst, wie sehr ich auf Sekundärliteratur stehe 😉
Muss mich leider jetzt verabschieden, aber dafür gibt es einen längeren Mix zu hören: das ist mein allerliebstes Techno Set und ich höre eigentlich keinen Techno.
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Die Fahrt hinaus – Virginia Woolf
[Ja, ich bin immer noch in meiner Virginia Woolf Phase.]
Bei jedem Roman, den ich von ihr lese, läuft es ähnlich ab. Der Anfang ist holprig, ich muss mich sehr konzentrieren, um dranzubleiben und oft zurückblättern, da ich mir die ganzen Figuren mitsamt ihren Eigenschaften nicht auf Anhieb merken kann. Nach dem ersten Drittel jedoch, bin ich so gefesselt von Schreibstil, Beobachtungen, Handlung und mindestens einer Figur, dass ich es kaum schaffe, das Buch aus der Hand zu legen. Virginia Woolf liest man nicht einfach so nebenbei. Die Sätze sind lang, voller mir unbekannter Wörter und die ganze Geschichte ist nicht das, was man heutzutage normalerweise liest. Viele Handlungsstränge sind lediglich Erzählungen und tragen nicht unbedingt zum roten Faden bei; ja, der rote Faden ist an den wenigsten Stellen überhaupt zu erkennen. Aber die Beschreibungen, die offensichtlich aus realen Beobachtungen der Welt der Autorin stammen, sind rührend und zutiefst beeindruckend.
Woolf erzählt hier von einer langen Reise per Schiff von England nach Südamerika und einem noch längeren Aufenthalt in einer riesigen Villa am Meer. In der Nähe der Villa steht ein großes, edles Hotel, in dem vor allem EngländerInnen der Oberschicht untergebracht sind. Sowohl auf dem Schiff, als auch im Hotel lernt man unterschiedliche Charaktere kennen, die einander anfangs fremd und am Ende eng vertraut (oder aber nahezu verfeindet) sind. Da fast niemand der vielen Reisenden bereits vorab bekannt miteinander ist, verläuft das Kennenlernen der Menschen auch für die Leserschaft spielerisch. Mal fühlt man sich wie eine Beobachterin von Außen und mal, als wäre man selbst auf dem Schiff, im Hotel oder in der Villa anwesend. Es geht um Freundschaft, um Liebe und die Rollenverteilung des 20. Jahrhunderts in England.
Was mir besonders gefällt ist, dass der Roman ein Relikt aus dieser Zeit ist, ohne dabei Dinge zu „sagen“, die heute als politisch unkorrekt gelten und mir als Leserin deshalb schwer im Magen lägen. Die Sicht der Autorin in den Punkten Diskriminierung und Feminismus wird durch ihre Figuren klar, aber es handelt sich trotzdem nicht um einen übermäßig politisch motivierten Roman. Er widmet sich zur damaligen Zeit mutigen und gewagten Themen, liest sich heute aber leicht und angenehm.
Auch die Hingabe zur Entwicklung der Charaktere hat mich gebannt. Beim Lesen habe ich mich oft gefragt, ob es in der heutigen, beschleunigten Zeit überhaupt irgendjemandem möglich ist, so zu schreiben wie sie, ohne sich aus der Gesellschaft zurückzuziehen. Woolf schreibt so meditativ, langsam, behutsam und melodisch, dass die Lektüre einem Urlaub nahekommt. Wie immer bin ich stark begeistert von diesem Roman und freue mich bereits auf den nächsten, den ich in die Hände bekomme.